Cabrios: Offenen Autos geht langsam die Luft aus

Cabrios verströmen einen Hauch von Luxus. Viele Menschen verbinden mit einem Fahrzeug ohne Dach das Gefühl von Freiheit, Sommer und Urlaub. Die meisten Cabriolets sind als Zweisitzer konzipiert und werden vor allem in der warmen Jahreszeit für luftige Spritztouren aus der Garage geholt. Als Zweit- oder Drittwagen stehen sie mehr als alle anderen Modelle für wirtschaftlichen Aufschwung und persönlichen Erfolg. Kein Wunder, bieten sie doch häufig weniger Auto für mehr Geld.

Doch ist das noch zeitgemäß? Oder spielen die offenen Spaßfahrzeuge in Zeiten der Mobilitätswende nur noch eine Nebenrolle? Die Datenanalysten vom Automobilmarktforscher JATO Dynamics haben dazu mal die deutschen Zulassungszahlen der Cabrio- und Targa-Modelle aus den Jahren 2004 und 2023 miteinander verglichen. Zudem wollten sie wissen, welche Marken und Modelle noch immer gefragt sind und wie sich das Preisniveau entwickelt hat.

Selbst große Hersteller sind ausgestiegen

Viele Jahre war das Fahren „oben ohne“ in Deutschland ein ungebrochener Trend. 1989 hatte Mazda mit dem MX-5 die Begeisterung für Cabrios neu entfacht. In der Folge brachten immer mehr Hersteller offene Modelle auf den Markt – vom Bonsai-Roadster bis zur Luxusklasse. Jahrelang ging es mit den Zulassungszahlen vor allem in eine Richtung: aufwärts. Doch seit geraumer Zeit geht der Absatz kontinuierlich zurück – und das nicht nur in Deutschland. Etablierte Hersteller wie Volvo, Opel, Nissan und Ford (außer in den USA) haben die Produktion längst eingestellt. Selbst Peugeot, lange Zeit Branchenführer mit Bestsellern wie den cc-Modellen 206, 207, 307 und 308, nahm Abschied von der Fahrt unter freiem Himmel.

In den letzten Jahren brach ein Modell nach dem anderen weg, sogar SUV-Cabrios verkaufen sich eher schleppend. Volkswagen klappt deshalb nach 75 Jahren endgültig das Dach zu. Vom neuen T-Roc, der 2025 kommt, soll es nach Angaben des Herstellers keine offene Version mehr geben. Dabei war das erste T-Roc-Cabrio erst 2019 vorgestellt worden. Andere offene VW-Modelle wie New Beetle Cabrio oder Eos sind längst Geschichte, sogar die Produktion des Golf Cabrio ist mittlerweile ausgelaufen.

Absatz um mehr als die Hälfte geschrumpft

Wie die Grafik zeigt, sind die Cabrio-Neuzulassungen in den vergangenen 20 Jahren immer weiter gesunken. Wurden 2004 noch gut 161.000 Oben-ohne-Fahrzeuge in Deutschland registriert, waren es 2023 nur noch knapp 69.000. Allein die fünf meistverkauften Modelle des Jahres 2004 kamen zusammen fast auf die gleiche Stückzahl. Das ist ein Rückgang um mehr als 57 Prozent. Die größten Einbrüche gab es in den Jahren 2009 und 2020 – nach der Finanzmarktkrise 2008 und dann nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Auch wenn es immer mal wieder kleinere Aufschwünge zu verzeichnen gab, tendenziell hielt der Abwärtstrend bis heute an.

Nur leicht verändert hat sich im gleichen Zeitraum die Angebotsvielfalt. 2004 konnten die Kunden unter 60 verschiedenen Cabrio- und Targa-Modellen wählen, 2023 waren es etwas mehr. Besonders gefragt waren im letzten Jahr der Fiat 500 mit 15.992 Einheiten, der offene Mini (10.359) und der VW T-Roc (8.450). Auf Platz 4 folgt mit der 4er-Reihe von BMW das erste Premiummodell. Vor 20 Jahren nahmen die ersten drei Plätze der Mercedes SLK und die beiden Peugeot-Modelle 206 und 306 ein. Von allen drei gibt es heute keine Nachfolger mehr.

Preisniveau kräftig angestiegen

Mehr als verdoppelt hat sich seit 2004 dagegen der Durchschnittspreis. Gehen die Verkaufszahlen zurück, lohnen sich meist die höheren Kosten für die Entwicklung von Cabrios nicht mehr. Und so verschwinden die günstigen Modelle zuerst vom Markt. Außer den Premiummarken gibt es deshalb kaum noch Anbieter von offenen Autos. Gab es 2004 mit Citroen C3, Daihatsu Copen, Ford Streetcar, Opel Tigra sowie den Smart-Modellen Cabrio, Roadster und ForTwo noch zahlreiche Angebote für unter 20.000 Euro, so werden heute vor allem Fahrzeuge für mehr als 50.000 Euro offeriert. Es geht aber auch richtig teuer, nach oben scheinen keine Grenzen gesetzt. Gegen Ferrari SP 90 oder Lamborghini Aventador ist ein aktueller Mazda MX-5 geradezu ein Schnäppchen – mit einem Durchschnittspreis von immerhin 37.000 Euro. „Cabriolets sind fast zu einem Nischenprodukt geworden. Offenbar ist die aufwendige Produktion bei geringen Stückzahlen nur noch für Premiumhersteller wirtschaftlich.“  vermutet Eric Haase, Managing Director von Jato Dynamics in Deutschland.

Wer es noch relativ günstig haben möchte, kann bei Fiat den 500C kriegen, bei Smart mit dem offenen ForTwo zugreifen oder das Mini Cabrio ordern. Obwohl die Preise während der vergangenen 20 Jahre schon kontinuierlich gestiegen sind, legten die Hersteller nach der Corona-Pandemie noch einmal ordentlich zu, um den Umsatz zu stabilisieren. Unter den Top-10-Cabrios sind die Durchschnittspreise von etwa 32.000 Euro (2004) auf mehr als 67.000 Euro gestiegen, während die Zulassungszahlen seit 2004 von gut 105.000 auf knapp 68.000 Einheiten (2023) zurückgingen. Stand 2004 die CLK-Reihe von Mercedes mit mehr als 52.000 Euro an der Preisspitze, lagen 2023 mit Porsche 911 und Mercedes SL zwei Modelle schon weit jenseits der 150.000-Euro-Marke ganz oben im Preis-Ranking.

Cabrios sind heute vollwertige Autos. Dass sie dabei nicht mehr als reine Zweit- oder Drittwagen anzusehen sind, scheint dabei nicht viele zu überzeugen. Eine rühmliche Ausnahme wird aber wahrscheinlich auch in Zukunft Mazda bleiben. Nachdem die Japaner mit dem MX-5 das Segment der kompakten „Spaßroadster“ vor 35 Jahren wiederbelebten, hat der offene Zweisitzer auch in der vierten Generation noch einen festen Platz im Modellprogramm – und in jeder Cabrio-Jahresstatistik.

Mehr zu JATO und den Produkten finden Sie hier.

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